Die Kraft von inneren Bildern

 

Naturnah 

Von der Natur lernen!

 

Fast mein ganzes Leben habe ich mit Pferden und Ponys verbracht.

Als Kind und Jugendliche hatte ich das Glück einer wunderbaren Bekanntschaft und Freundschaft mit einer Lehrerin und Pädagogin. Mit ihren Ponys durften wir umgehen,  sie gab uns die Chance von und mit ihnen zu lernen. Dabei ging es nicht nur ums Reiten, sondern der Umgang und die Fürsorge standen im Vordergrund.

 

Für uns Kinder war das eine magische Vorbereitung aufs Leben.  Auf spielerische Weise lernten wir Verantwortung zu übernehmen. Wir durften mit einem Partner umgehen, der uns freundlich aber deutlich klarmachte, wenn wir zu aufgeregt, zu unkonzentriert oder zu fordernd waren. Der Umgang förderte ebenso unsere Empathie-Fähigkeit wie emotionale Intelligenz (EQ) und Selbstreflexion.

 

 

Im Sommer hielten sich die Ponys auf einer großen Weide mit  Strand an der Schlei auf.

Stundenlang saß ich, so oft es meine Zeit zuließ, am Strand oder im Gras und beobachtete die Herde. Ich versuchte zu verstehen wie sie miteinander umgingen und kommunizierten. Wer hatte wann und warum das Sagen?

 

Pferde haben eine klar definierte Herdenstruktur. Mit deutlicher Körpersprache, die sehr minimalistisch sein kann, verständigen sie sich.  Jeder in der Herde hat seine Aufgabe und seinen Rang. Dieser wird nicht immer ungefragt hingenommen und  kann sich verändern. Als Fluchttiere sind sie aufmerksam, achtsam und nehmen in ihrem Umfeld die feinsten Signale, immer im aktuellen Moment bleibend, wahr. Unsere Herde bestand überwiegend aus einem Familienverband.

 

 

Während ich diese Sätze schreibe tauchen vor meinen inneren Augen Bilder aus dieser Zeit auf und rühren, berühren mich und ich spüre wie sich in meinem Körper ein altbekanntes Glücksgefühl von wohligem Vertrauen und entspannter Zuversicht ausbreitet. Wie dankbar und glücklich kann ich sein, solche Kraftorte in mir zu haben.

 

Eine Zeitlang schienen sie vergessen, aber jetzt sind sie wieder da, als wäre es gestern gewesen – der Geruch der Ponys, dem Gras, dem Wasser und dem Sand, das weiche Fell unter meinen Händen.  

Im warmen Sand sitzend, manchmal sogar einen dösenden Ponykopf im Schoss, ein Buch lesen oder einfach nur Dasein. Präsent im Moment dieses besondere Geschenk von Vertrauen, Vertrautheit und Verbindung mit den Tieren und der Natur mit allen Sinnen wahrnehmend.

 

 

Diese inneren Bilder sind es, die uns in stressigen Situationen Stärke und Zuversicht geben.

Wie diese Bilder entstehen, erklärt der Neurobiologen Dr. Gerald Hüther anschaulich in einigen seiner Vorträge.  

Bei allen Erlebnissen / Erfahrungen vernetzt das Gehirn  die Wahrnehmung (das was Erfahren wird) mit dem Gefühl, der Emotion und der körperlichen Reaktion.

Das bedeutet gleichzeitig  kognitiv, sensorisch, motorisch und emotional  bewusst zu sein. Wenn einer dieser Bereiche durch einen äußeren oder inneren Reiz  wieder angesprochen wird, zeigt sich das entsprechende innere Bild.

 

Diese aktivieren in Körper und Geist sofort die Wahrnehmungen, Gefühle und Emotionen, die damit verbunden waren.

 

Das großartige ist, das wir ein Leben lang immer wieder neue Bilder schaffen können. Das passiert, wenn wir in einem schönen Moment innehalten und bewusst mit allen Sinnen die aktuelle Situation aufnehmen. Ein weiterer wertvoller Nebeneffekt ist, dass wir uns damit im Alltag schlaue Pausen schaffen.  Das kann beim Autofahren an einer Ampel eine Bild eines besonderen Baumes sein, das fröhliche Lachen eines Kindes oder was dich sonst positiv berührt. Schlaue Pausen deshalb, weil die  bewusste Aufmerksamkeit entspannt. Das stärkt mental, unterbricht die Alltagsbelastung und schützt vor Stress.

Unser Gehirn speichert mit vielen neuen synaptischen Verbindungen ein inneres Bild, wie einen Schnappschuss. Wann immer ich mich in einen bestimmten emotionalen Zustand versetzten möchte, kann ich ein inneres Bild aktivieren.

 

 

Erst kürzlich:

Ich musste zu einem wichtigen Termin und war schon einige Minuten zu spät dran.  – Wo ist denn schon wieder der Autoschlüssel?... und ständig einen der Hunde vor den Füßen, „Nein, Molly du darfst heute nicht mit, leg dich auf dein Plätzchen! Ich hab’s eilig! “ –

Endlich im Auto und jetzt DAS!!!   Der Fahrer vor mir kennt nur den ersten Gang! Himmel hilf! Mein System ist auf 180. Adrenalin pur, so kann ich nicht bei meinem Termin auftreten!

 

 

Ich halte inne und rufe mir eins meiner inneren Bilder ins Gedächtnis und spüre wie der Körper reagiert.

 

Natürlich komme ich deswegen nicht schneller ans Ziel, aber auch nicht später. Als ich bei meinem Termin ankomme, bin ich nicht mehr genervt und angespannt, sondern fokussiert und ausgeglichen.

 

 

Inzwischen habe ich eine ganze Bibliothek von Schnappschüssen, die mir je nach Situation helfen in einen gewünschten Zustand zu kommen. Je mehr ich diese Bilder nutze, desto leichter funktioniert das.  Immer bewusster  achte ich, so oft wie möglich darauf besondere Momente wahrzunehmen und mein Gehirn mit neuen Bildern zu versorgen.

 

 

Fortsetzung folgt!